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Das Buch über Anna, meine Spurensuche und Erinnerungsarbeit

Es gibt kein Verständnis von Gegenwart und Zukunft ohne Erinnerung an die Vergangenheit.

Annas Spuren

Ein Opfer der NS-"Euthanasie"

von Sigrid Falkenstein unter Mitarbeit von Prof. Dr. Dr. Frank Schneider

 

2012 gebundenes Buch, 1. Auflage, Herbig Verlag, München

2018 Taschenbuch 2. aktualisierte Auflage, aktuell Langen Müller Verlag

 

ISBN-13: 978-3784436494

eBook Kindle   ePub Format

 

 

»… stattet die Hauptperson mit einer Würde aus, die ihr zu Lebzeiten nie zuerkannt worden ist.« Der SPIEGEL, 25/2012

Wie es begann

Anna ist meine Tante, die Schwester meines Vaters. Die Suche nach Spuren ihres Lebens begann erst 2003, nachdem ich zufälligerweise im Internet auf das »Familiengeheimnis« gestoßen war. Annas Schicksal ist mir sehr nahe gegangen. Empörend fand ich aber auch das familiäre und gesellschaftliche Schweigen darüber - Erfahrungen, die zur Triebfeder für meine Spurensuche und Erinnerungsarbeit wurden. 
Im Verlauf dieser Erinnerungsarbeit begegnete ich dem Psychiater Frank Schneider, der sich eindrucksvoll für die Aufarbeitung der Geschichte seines eigenen Berufsstandes einsetzt. Er motivierte mich und half mir dabei, ein Buch zum Gedenken an Anna zu schreiben. Wir beschlossen, hinter Annas individueller Lebensgeschichte und meiner Spurensuche einen Teil der Geschichte unserer Gesellschaft sichtbar zu machen. Aus der Vergangenheit für die Gegenwart lernen – Annas Geschichte soll einen Beitrag dazu leisten.
Sigrid Falkenstein, Berlin 2012

Aus dem Vorschautext des Verlags

"Per Zufall stößt sie auf ein Familiengeheimnis: Anna war geistig behindert; 1940 wurde an ihr der »Gnadentod« in der Gaskammer von Grafeneck vollstreckt. Als Sigrid Falkenstein den Namen ihrer Tante im Internet auf einer »Liste von Personen, die von deutschen Ärzten ermordet wurden« findet, beginnt sie zu recherchieren: Aus dem Familiengedächtnis, mithilfe alter Fotos und durch das Studium von Patientenakten rekonstruiert sie Annas tragische Lebensgeschichte, um sie gemeinsam mit dem Psychiater Frank Schneider in einen größeren Kontext zu stellen. Annas Tod steht für den Massenmord an etwa 300 000 psychisch kranken, geistig und körperlich behinderten Menschen, die im Sinne der nationalsozialistischen Rassen- und Erbhygiene als »lebensunwert« vernichtet wurden. ... Über ihre persönliche Spurensuche hinaus thematisiert die Autorin den gesamtgesellschaftlichen Umgang mit Zwangssterilisation und „Euthanasie“ von 1945 bis heute. Dabei schildert sie den Weg ihrer Erinnerungsarbeit vom Ruhrgebiet, über Bedburg-Hau und Grafeneck bis hin zum „Euthanasie“ Gedenk- und Informationsort an der Philharmonie in Berlin." 

 

Dank an Ernst Klee und Götz Aly

Ohne die grundlegende Arbeit von Ernst Klee hätte ich Annas Weg von der Heil- und Pflegeanstalt Bedburg-Hau in die Gaskammer von Grafeneck nicht nachverfolgen können. Als sich 2011 im Zusammenhang mit meinem Buchmanuskript Fragen ergaben, nahm Ernst Klee sich Zeit für ein längeres Gespräch mit mir. Unvergesslich und eine große Ehre für mich! Das Buch "Annas Spuren" wird heute als Teil seiner Privatbibliothek in der Gedenkstätte Hadamar aufbewahrt, wo der persönliche Nachlass von Ernst Klee archiviert und wissenschaftlich erschlossen wird.

Ernst Klee: "Euthanasie" im Dritten Reich: Die "Vernichtung lebensunwerten Lebens" Standardwerk zur NS-"Euthanasie"

 

Die anerkennenden Worte von Götz Aly in seinem Buch "Die Belasteten" haben ebenfalls eine besondere Bedeutung für mich. "Es ist an der Zeit, die Ermordeten namentlich zu ehren und ihre Lebensdaten in einer allgemein zugänglichen Datenbank zu nennen. Erst dann wird den lange vergessenen Opfern ihre Individualität und menschliche Würde wenigstens symbolisch zurückgegeben. ...  Als eine der wenigen hat Sigrid Falkenstein das verschämte Schweigen im Jahr 2012 gebrochen und in ihrem beeindruckenden Buch »Annas Spuren. Ein Opfer der NS-›Euthanasie‹« das Schicksal ihrer Tante Anna Lehnkering beschrieben, die am 7. März 1940 in der Gaskammer Grafeneck sterben musste." Zitat Götz Aly: Die Belasteten "Euthanasie" 1939 - 1945. Eine Gesellschaftsgeschichte S. Fischer, Frankfurt 2013

siehe auch Den "Euthanasie"-Opfern ihr Namen zurückgeben! 

 

Am 15.11.2013 wurden Sigrid Falkenstein und Prof. Dr. Dr. Frank Schneider für das Buch "Annas Spuren" mit dem Sonderpreis* des Forschungspreises zur Rolle der Ärzteschaft in der Zeit des Nationalsozialismus ausgezeichnet.
*vergeben von: Bundesgesundheitsministerium, Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und Bundesärztekammer (BÄK)

 

Annas Spuren in Einfacher Sprache

2015 erschien das Buch "Annas Spuren" als Kurzfassung in Einfacher Sprache (Übersetzung von Andreas Lindemann)

Spaß am Lesen Verlag  Leider ist das Buch nicht mehr verfügbar!

 

"Der Spaß am Lesen Verlag gibt Lesestoff für Menschen heraus, denen das Lesen schwer fällt: zum Beispiel Menschen mit Behinderungen, niedrigem Bildungsniveau oder mit Deutsch als Fremdsprache. Auch sie sollen über Aktuelles oder Wissenswertes mitreden können. Darum schreiben wir in Einfacher Sprache – verständlich für alle!" (Spaß am Lesen Verlag)

Kurz nach Erscheinen des Buches in Einfacher Sprache schrieben mir Schüler*innen einer Schule für Menschen mit einer geistigen Behinderung: "Wir fanden das Buch gut, spannend und auch traurig. Wir können froh sein, das alle Menschen, auch die mit einer Behinderung, heute ihr Leben leben können und nicht mehr verfolgt werden. Das darf nicht wieder passieren. Wir sind alle Menschen."

Diese Rückmeldung hat mich sehr gerührt. Hier meine Antwort:
"... Ich finde es großartig, dass Annas Geschichte helfen kann, die Zeit des Nationalsozialismus besser zu verstehen. Die „Aktion T4“ war wirklich ganz furchtbar. Genauso wie ihr hoffe ich, dass so etwas nie wieder passiert. Ihr schreibt: Wir sind alle Menschen. Das stimmt. Wir sind zwar verschieden, aber das ist gut. Es macht die Welt bunt und interessant. Niemand ist vollkommen. Jeder Mensch ist auf seine Art besonders. Aber wir haben alle den gleichen Wert!! Davon bin ich überzeugt.
Ich glaube, dass es Anna in eurer Klasse gut gefallen hätte und bedanke mich nochmal für eure Rückmeldung zum Buch. ..."

 

Friedels Geschichte

Als mich im Frühjahr 2023 ein bis dahin unbekannter Verwandter kontaktierte, erfuhr zum zweiten Mal in meinem Leben völlig überraschend, dass ein weiterer Angehöriger Opfer von Zwangssterilisation und "Euthanasie" geworden war. Er hieß Friedel Bieber und war der Sohn einer Cousine meiner Mutter.

Im Laufe der Monate ergab sich ein reger Gedanken- und Informationsaustausch mit meinen "neuen" Verwandten, und schließlich ermöglichte Friedels Akte aus Hadamar seinen Weg in Umrissen nachzuzeichnen. Es gibt zahlreiche Parallelen zwischen Friedels und Annas Geschichten, die mir sehr nahe gegangen sind. Und so ganz lässt mich nicht los, dass es diese schlimmen Geschehnisse gleich in beiden Familien – väterlicher- und mütterlicherseits – gab. Vielleicht hatte Götz Aly doch recht, als er in seinem Buch "Die Belasteten" schrieb: "Heute ist von den erwachsenen Deutschen jeder achte direkt mit einem Menschen verwandt, der den "Euthanasie"-Morden zum Opfer fiel." Ich fand das damals etwas übertrieben, aber wenn es mich gleich zweimal betrifft, könnte an der Statistik ja durchaus was dran sein.

Eine Gedenkseite für Friedel soll an ihn erinnern und ihm Gesicht und Namen zurückgeben.     (S. Falkenstein, 2023)


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